Volksinitiativen boomen und die Politik igelt sich ein

von Steffen Greschner am 5. September 2012

Die Schweizer haben wohl die meiste Erfahrung mit direkter Demokratie und Volksinitiativen. Seitdem das Internet und soziale Netzwerke eine nennenswerte Verbreitung gefunden haben, machen die Schweizer eine spannende Entdeckung:

Eine Volksinitiative zu lancieren, ist in heutigen Tagen geradezu Mode geworden. Kaum eine Partei, Bewegung oder Gruppierung, die etwas auf sich hält, würde nicht zu diesem Mittel der politischen Partizipation greifen. Das war nicht immer so. Volksinitiativen spielten von der Gründung des Bundesstaats bis in die 1970er Jahre eine untergeordnete Rolle. Erst seit den 70er Jahren erfreuen sie sich zunehmender Beliebtheit. Vor rund 10 Jahren kam ein neues Phänomen hinzu: Volksbegehren werden weitaus häufiger angenommen als in früheren Zeiten, in denen sie meist chancenlos geblieben waren.

Während die Mobilisierung im digitalen Zeitalter zunehmend einfacher erscheint, um auch wirklich die nötige Anzahl an Unterstützern zu erreichen, sieht die traditionelle Parteienlandschaft das Instrument inzwischen als verbrannt an, wie der Generalsekretär der SVP gegenüber der Neuen Zürischer Zeitung erklärt:

«Vor 20 Jahren war eine Volksinitiative noch ein Ereignis. Heute sind sogar Einzelpersonen mit Volksinitiativen unterwegs. Das Instrument nutzt sich ab und wird heute gerade von den Parteien in seiner öffentlichen Wirkung überschätzt.»

Die neue Öffentlichkeit organisiert sich zunehmend selbst. Auch in Deutschland hat es erst vor wenigen Tagen die größte Verfassungsbeschwerde jeher gegeben. Und trotzdem wird man schauen müssen, wie sich Beteiligung organisieren lässt, dass sie auch lösungsorientiert ist und nicht nur zum politischen Druckmittel in Ausnahmesituationen wird.

Vorheriger Beitrag:

Nächster Beitrag: