Finanzsysteme

Banken als gesellschaftlich soziale Akteure?

von Steffen Greschner am 23. August 2011

Neue Wege zur aktiven (Mit)Gestaltung des Finanzsystems geht eine Initiative in Österreich. Die Demokratische Bank strebt eine Bank als gesellschaftliche (regional)Akteurin an:

Die Demokratische Bank ist der Herzschlag einer Region oder Gemeinde, sie versorgt die dort lebenden Menschen, Organisationen und Unternehmen mit Geld. Alle Menschen können an dieser Bank teilhaben unabhängig von Partei, Religionszugehörigkeit, Herkunft,  ökonomischem Status oder Geschlecht. Die Demokratische Bank wirkt sozial ausgleichend und hilft bei der solidarischen Weiterentwicklung des gemeinsamen Lebensraumes.

Die Initiatoren gehen auch auf die Frage ein, was eine demokratische Bank eigentlich demokratisch macht und von einer “normalen” Genossenschaftsbank unterscheidet:

Die Mitglieder des Vereins zur Gründung und zur Förderung einer Demokratischen Bank bemühen sich auf mehreren Ebenen um Demokratie, Teilhabe und Transparenz. (…) Die breite Einbindung von Menschen mit ihren Gedanken und Vorschlägen macht die Demokratische Bank zu einer Bank für die Menschen. (…) Für Friedrich Wilhelm Raiffeisen war die Bank ein Projekt der Nächstenliebe. Jedoch haben sich die Spitzeninstitute seit Bestehen mehr oder weniger dem kapitalistischen Umfeld angepasst und operieren heute als Aktiengesellschaften unter der Prämisse von Gewinnmaximierung.

Von klassischen Zinszahlungen versucht man bei der Demokratischen Bank weitgehend Abstand zu nehmen, bzw. alternative Modelle mit einzubeziehen:

Das Spektrum der Vorschläge reicht von „marktnahen Sparzinsen“ und „Abgeltung der Inflation“ über „Abgeltung der Inflation nur bis  zu einer gewissen Einlagenhöhe“ und „Zinsen nur gegen Antrag“ bis hin zu „zinsfrei“ und „Ersatzleistungen statt Zinsen“ (ausgezahlt z.B. in Regionalwährungen).

Der Grundgedanke zur demokratischen Bank wurde in enger Zusammenarbeit mit Attac entwickelt. Attac hat sich die Neuausrichtung der Finanzsysteme als eines der Hauptthemen der nächsten Zeit ausgeguckt.

Kreative Griechen entwickeln Euro Alternativen

von Steffen Greschner am 15. August 2011

Dass aus Krisen auch viel Bewegung entstehen kann, hat das ZDF-Hyperland-Blog dargestellt. In Griechenland entstehen momentan alternative Währungssysteme im Eiltempo:

Das Vertrauen in die Politik und Wirtschaft ist so gründlich erschüttert, dass es zum Volkssport geworden ist, klassische Wirtschaftskreisläufe wenn möglich zu umgehen. Auf Online-Plattformen floriert der Tauschhandel. Regionale Währungen und Zeitbanken ermöglichen ein Wirtschaften ohne den ungeliebten Euro.

Interessant und am beliebtesten ist dabei die virtuelle Alternativwährung Ovolos, die bereits seit Januar 2009 im Umlauf ist und zum Stand Juli 2010 rund 4.800 Mitglieder hat (das ZDF-Blog spricht aktuell von 5.000 Mitgliedern, was uns zu niedrig erscheint). Der Ovolos ist eine Webbasierte Währung:

The main idea of the Ovolos scheme is that the members can use the Ovolos currency (which is virtual, e.g. on the main computer system and on each member’s digital smart card) instead of euro currency for their transactions with members. To avoid abuses of the system by companies, they have not permitted double pricing, e.g. the items or services sold are priced and paid in Ovolos only.

Eine sehr umfangreiche und ausführliche Auflistung griechischer Tausch- und Alternativwährungen hat das International Journal of Community Curreny Research angefertigt (PDF).

Regionalwährungen: Vorteil für den regionalen Handel?

von Steffen Greschner am 8. August 2011

Reginalwährungen sind im Trend. Das große Vorbild ist für viele Initiativen der Chiemgauer. Eine weitere Währung soll 2012 hinzukommen: Der Grabfelder. Die Gemeinde Grabfeld liegt bei Google Maps zwar irgendwo unter den Wolken, hat aber eine aktive Initiative, die sich für den “Grabfelder” stark macht:

„Ein Regionalgeld kann die Grundlagen der Finanzwelt nicht verändern, aber es kann den Geldstrom, der aus der Region abfließt, eindämmen“, erklärte Picciani. 27 funktionierende Regionalgeldsysteme gebe es bereits, die Menschen kauften bewusster, beachteten die regionalen Anbieter und stärkten durch ihr Verhalten die heimische Wirtschaft.

Zum Start sind es oft gerade die regionalen Händler, die die Vorteile, die ihnen Regiogeld bieten kann, nicht auf Anhieb verstehen und den ersten Initiatven und Veranstaltungen die Unterstützung verwehren:

Mindestens 15 bis 20 teilnehmende Geschäfte, Handwerksbetriebe, Landwirte und sonstige Gewerbetreibende werden gebraucht, um anzufangen das Regionalgeld drucken zu lassen und in Umlauf zu bringen, informierte er. Umso bedauerlicher war es, dass die örtlichen (Grabfelder) Geschäftsleute, für die Picciani und das ganze Team sich einsetzen, an diesem Abend nur vereinzelt da waren.

Mehr dazu gibt es auf der Homepage vom Verein der Grabfelder e.v.

Finanzsysteme: Alternativen von ungewöhnlicher Seite

von Steffen Greschner am 5. August 2011

Über die Neuordnung der bestehenden Finanzsysteme wird viel Diskutiert. Parallel entwickelt sich seit einigen Jahren ein Trend zu alternativen Finanzsystemen.

Einige Bewegung kommt dabei auch aus den Reihen der Kirchen. Die evangelische Kirche hat den Initiativkreis 9,5 ins Leben gerufen, um ein christliches Finanzsystem zu entwickeln:

Eine Kirchenwährung könnte Symbolwirkung in der ganzen Gesellschaft haben, glaubt Thomas Ruster. “Funktioniert sie, steht das Zinsdogma der Wirtschaft insgesamt zur Debatte.” Tatsächlich wird in vielen Regionen Deutschlands mit zinsfreiem Regiogeld gezahlt, regionalem Geld, mit dem in beteiligten Geschäften und Institutionen gezahlt werden kann und dessen Wert durch eine Umlaufgebühr nach einigen Monaten wieder verfällt. “Geld ist nicht zum Horten da, sondern um damit etwas zu machen. Eine zinsfreie Währung bewirkt auch, dass Menschen sich kritisch mit Geld auseinandersetzen”, sagt Christoph Körner, der den Zschopautaler mitentwickelt hat.

Sehr ähnlich ist auch die Herangehensweise des islamischen Finanzsystems:

Ein Finanzsystem, das keine Zinsen kennt und sich auch in Bezug auf weitere Regelungen unterscheidet, ist das islamische Bankensystem, das seit Jahren am Wachsen ist und während der Finanzkrise kaum Verluste zu melden hatte. Die Unternehmer, die dieses System befolgt haben, stehen heute sogar gut dar. Praktisch ist das System zwar noch nicht sehr weit ausgebaut. Von der Theorie, die seit über 1400 Jahren besteht, können die angeschlagenen Volkswirtschaften jedoch einiges wertvolles übernehmen.

Ohne direkte Mitwirkung der Kirchen aber an sehr ähnlichen Werten orientiert, sind die inzwischen über 60 Regionalwährungen, die in den letzten Jahren immer beliebter werden.

Ein interessanter Aspekt ist dabei die Auswahl der optimalen Währungsräume.