Sind die Piraten auf dem Weg zur “Commonspartei”?

von Steffen Greschner am 24. November 2011

Einen spannenden Denkansatz hat Silke Helffrich vom commonsblog die Tage eingebracht: Sind die Piraten eigentlich eine Commonspartei? Ist die Chance der Piraten vielleicht die Entwicklung der Gemeingüter-basierten Gesellschaft?

Um den Hintergrund des Gedankens zu verstehen, muss erst einmal klar sein, was man unter Commons versteht:

Ein Begriff erlebte in den letzten Jahren eine Renaissance, der lange als veraltet oder überholt galt – die commons, auf Deutsch auch als “Gemeingüter” oder“Allmende” bezeichnet.

Angesichts der vielfältigen Krisen, mit denen wir gegenwärtig konfrontiert sind, wird der Ruf nach Alternativen laut. In den letzten Jahrzehnten haben wir nahezu alles, was wir zum Leben brauchen privatisiert, zur Ware gemacht und Profit und Wettbewerb unterworfen. Die Grundlagen unserer Wirtschaft und Gesellschaft – die ökologischen, sozialen und ökonomischen – wurden dadurch zerstört. In dieser Situation weist das Konzept der commons die Richtung zu Lösungen, die den Bedürfnissen der Menschen in verschiedenen Gesellschaften ebenso Rechnung tragen wie der Erhaltung natürlicher Ressourcen, und macht Optionen jenseits der Wachstumsökonomie denkbar.

Die Hauptmerkmale einer Gesellschaft die auf commons aufbaut sind:

  • Beitragen statt Tauschen
  • Gemeinsame Nutzung von Ressourcen statt Privateigentum
  • Regeln, die von allen NutzerInnen gemacht werden

Der Erhalt von bestehenden und die Schaffung von neuen commons kann die Grundlage für ein gutes Leben für alle sein.

In der aktuelle Ausprägung sind Commons-Gedanken noch lockere Initiativen, die eher von der gemeinsamen Idee leben. Gerade an diesem Punkt könnten die Piraten an einer Neugestaltung der Commons aktiv mitarbeiten und sie auf eine breitere gesellschaftliche Basis stellen.

Erste Berührungspunkte hat die Piratenpartei mit dem Netzneutralitätsgedanken absolut. Im ctrl-verlust Blog, ist eine tolle Beschreibung und Analyse der Berliner Piraten, die wirklich an eine Commonspartei erinnert (Das politische Denken der Piraten):

Die Piratenpartei kämpft zusammen mit der netzpoltischen Szene schon lange gegen diese Auswüchse und fordert eine diskrimierungsfreie Durchleitung der Daten durch die Provider – eben die sogenannte “Netzneutralität“.

Wenn man sich nun die Forderungen der Piratenpartei in Berlin genauer ansieht, stellt man fest, dass hier das selbe Denken dahinter steht: Infrastrukturen, die Zugang und Teilhabe ermöglichen, müssen gestärkt und ausgebaut werden und gehören diskriminierungsfrei allen angeboten.

- Fahrscheinloser ÖPNV ist die diskriminierungsfreie Beförderung von Personen, jenseits der Einkommensunterschiede.

- Die Ressource Bildung soll diskriminierungsfrei jedem zur Verfügung stehen.

- Bei dem Wahlrecht für Ausländer sollte die Sache auch klar sein.

- Das bedingungslose Grundeinkommen ist eine diskriminierungsfreie Infrastruktur zur ökonomischen Teilhabe an der Gesellschaft.

- Und auch die Forderung der konsequenteren Trennung von Kirche und Staat ist eine Netzneutralitätsforderung. Warum sollte die Infrastruktur Staat schließlich christliche Datenpakete gegenüber islamischen oder atheistischen bevorzugen dürfen?

Es ist also eigentlich ganz einfach: Die Piraten verstehen die öffentlichen Institutionen als Plattformen, die Teilhabe ermöglichen. Und auf jede dieser Plattformen fordern sie diskriminierungsfreien Zugang für alle, weil sie im Internet erfahren haben, dass sich nur so Wissen und Ideen – und damit auch Menschen – frei entfalten können.

Der Begriff Commons ist leider nicht sonderlich schlagkräftig und viele Piraten werden sich mit dem Thema vielleicht selbst noch nicht ausgiebig beschäftigt haben. Die Verknüpfungspunkte sind aber da und bieten tatsächlich die Chance gemeinsam eine große Idee zu entwickeln.

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