Mit Vollgas in die Aggregationsgesellschaft

von Steffen Greschner am 8. Februar 2012

Wenn Darwin recht hat, sind wir alle Tiere. Wenn das Internet recht behält, werden wir mehr und mehr zu Aggregatoren. Wir beginnen sogar damit unser Privatleben auf Facebook zu aggregieren, indem wir die wichtigsten Offline-Informationen für andere filtern, sortieren und digital zugänglich machen.

In der Tierwelt versteht man unter Aggregation übrigens folgendes:

Scheingesellschaft: eine Ansammlung von Tieren, die nicht sozial bedingt ist, sondern unabhängig voneinander durch die gleichzeitige Nutzung desselben Ortes zustande kommt, etwa eines Futter- oder Trinkplatzes, eines Schlaf- oder Überwinterungsplatzes oder eines Versteckes. In Totholz nistende Insekten z. B. sind meist Einzelgänger, auch wenn sie in großer Zahl dort vorkommen.

Aggregatoren einer Scheingesellschaft?

Bisher ist im Zusammenhang mit dem Netz meist von den Chancen für Demokratie, Wissen und soziale Vernetzung die Rede. Im sozialen Umfeld sind manchmal aber auch gegenläufige Entwicklungen zu beobachten: asoziales Verhalten durch soziale Netzwerke.

Das sieht dann so aus: Drei Menschen treffen sich zum Frühstück. Gesprochen wird nur am Rande. Jeder vertieft in sein Smartphone, dem Fenster zur sozialen Welt. Am Tisch sitzen drei Aggregatoren aus Fleisch und Blut, für das eigene soziale Netzwerk: Ort, Frühstücksteilnehmer und Gesprächsthemen werden realtime aggregiert und ins Netz gestellt. Natürlich hat jeder der drei sein riesiges (digital)soziales Umfeld immer im  Blick. Reaktionen auf Facebook, Emails, Twitter und so weiter. Das Livegespräch läuft halbherzig am Rande.

Ok, das Beispiel ist fiktiv. Aber es ist nicht unrealistisch, zumindest nicht in meinem Umfeld. Macht auch Spaß, ist aber etwas anderes, als die subjektiv immer seltener werdenden Treffen, die wirklich zu 100% offline stattfinden. Ohne Mails Checken, ohne Facebook-Update und ohne den Blick auf das parallel 24/7 mitlaufende digitale soziale Netzwerk.

Das soll keine Wertung sein und keine Unterscheidung zwischen “Gut und Böse”. Es ist schlichtweg eine persönliche Feststellung, die im Netz auffällig selten diskutiert wird.

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