Bürgerbegehren 2012: die Macht der Bürger-Lobby

von Steffen Greschner am 26. Oktober 2012

Mit dem Bürgerbegehrensbericht 2012 (PDF) hat Mehr Demokratie e.v. wohl die bisher umfassendste Untersuchung über Bürgerbegehren in Deutschland der letzten Jahrzehnte Veröffentlicht.

Auf insgesamt 50 Seiten wird die Entwicklung seit 1956 untersucht. Spannend ist für uns vor allem, dass über die Hälfte aller Bürgerbegehren in den letzten 10 Jahren stattfand. Alleine von 2008 bis 2011 wurden 35 % der über 5.000 eingereichten Begehren seit 1956 initiiert. Diese Zahlen korrelieren wohl nicht nur zufällig mit der Verbreitung des Internet und sozialer Netzwerke.

Die zunehmende Macht der Bürger-Lobby zeigt sich aber in einer anderen Zahl. 12% aller eingereichten Anliegen brachten die zuständigen Gemeinderäte noch vor der eigentlichen Abstimmung zum Einlenken im Sinne des Begehrens:

Etwa 39,8 Prozent aller Verfahren waren erfolgreich im Sinne der Vorlage. Dabei muss für einen Erfolg nicht zwingend ein Bürgerentscheid stattfinden: 613 der 5.027 Bürgerbegehren (= 12 Prozent) gelang es, den Gemeinderat zu einem Beschluss im Sinne der Initiatorinnen und Initiatoren zu bewegen, so dass ein Erfolg ohne einen Bürgerentscheid zu verzeichnen war

Den mit Abstand größten Anteil an den Einreichungen hat Bayern, was auch den Peak ab 1995 erklärt. Zu dieser Zeit wurde die Gesetzeslage in Bayern geändert:

Nahezu 40 Prozent (2.260) aller Verfahren der gesamten Bundesrepublik von 1956 bis 2011 fanden allein in Bayern (seit 1995) statt. Dies zeigt die herausgehobene Stellung dieses Bundeslandes. Berücksichtigt man zusätzlich die Anzahl der Gemeinden pro Bundesland und die Jahre der Praxis, dann fanden in den Stadtstaaten Hamburg, Berlin und Bremen relativ gesehen am häufigsten direktdemokratische Verfahren statt.

Wir hatten vor einiger Zeit schon dargelegt, wie sich die Entwicklung in Bayern darstellt. (Bürgerbegehren: Bayerische Initiativen immer professioneller).

Vor allem in den letzten Jahren hat sich die Qualität der Einreichungen scheinbar deutlich gesteigert. Die Erfolgsquote ist in 2010 auf rund 40% gestiegen und auch in 2009 mit knapp 35% deutlich erfolgreicher als in den Vorjahren, was nicht zuletzt an den Möglichkeiten sozialer Netzwerke als Organisationsinstrument liegt.

Der Bürgerbegehrenbericht 2012 geht dazu noch auf nötigen Reformbedarf ein und stellt in ausführlichen Grafiken die aktuelle Lage in den einzelnen Bundesländern dar. Den kompletten Bericht gibt es hier als PDF.

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